Es trug sich zu im Jahre des Herrn Anno Domini 1996 und es war ein Tag
Ende Juli. Eine Wettervorhersage berichtete über ein lang anhaltendes
Hoch mit Kern über der westlichen Ostsee, das sich nur sehr langsam in
Richtung Polen verlagern soll. Die darüber hinaus prognostizierten Windstärken
1-2Bft. riefen mich hinaus auf See und so packte ich kurz entschlossen
meinen Großsegler auf´s Autodach und Zelt mit Überlebensration (1 große,
dicke Mettwurst von Aldi und 20 Dosen Bier) unter das Autodach und begab
mich damit nach Arnis an die Schlei.
Meine damalige Jolle war eine Maiflower
aus doppelwandigem ABS, ausgeschäumt mit Styropor, so um die
4m lang und etwas größer als ein Optimist und ebenso mit Steckschwert
ausgerüstet. Ein Pfahlmast trug das 6qm-Lateinersegel und es gab nur
Fall, Schot und Ruder. Eine kleine gedeckte Piek diente zur Aufnahme der
Überlebensausrüstung, die Motorisierung bestand aus einem 1 Stechpaddel.
Weil ich sowieso auf
der Schwansener Seite war, verwendete ich meine beiden angeborenen
Kranarme und einen Bootskarren, um das Schiff auf dieser Seite neben der Fährrampe
zu wassern (so habe ich die 1,50 DM für die Fährpassage gespart-
immerhin 2 kleine Dosen "Adlerkrone"), verstaute die Ausrüstung
und segelte los. Besonders schön wisperte an diesem Tag der Wind aus
Nordostost, die knappen 2 Bft. kamen mir sehr gelegen, aber entgegen, denn
ich wollte ja ´raus auf´s Meer, das soll heissen: auf die Kreuz Schlei
äbwärts und bei Schleimünde mal kurz um die Ecke.
Da ich allein an Bord
war, zählte ich wegen fehlender anderweitiger Beschäftigung wie Deck
schrubben oder Kartoffeln schälen jeden unter voller Ausnutzung der
befahrbaren Schleibreite gesegelten Schlag mit und kam auf genau 50 (in
Worten fünfzig), wobei ich die Paddelschläge nicht mitzählte, die ich
benötigt habe, um bei der Kappelner Brücke den Mast rauszuziehen und
unterdurch zu paddeln.
Eine 100 m vor mir fahrende Segelyacht ließ der Brückenwärter noch
durch, mich aber nicht mehr, obwohl ich zusätzlich zum Segel noch
gepaddelt bin wie ein Bekloppter. 50 m vor mir schwenkt das Ding zu ! Ich
hätte es ja unter Umständen noch geschafft, aber was wäre mit meinem
Verklicker passiert, wenn der Mast eingeklemmt worden wäre und plötzlich
oben mittig aus der Fahrbahn rausgeguckt hätte. Was würden da bloß die
Leute denken.
Ein Schräglegen des ollen Kassen reichte auch nicht aus, da drohte
Kenterung, der Pfahlmast ist und bleibt 10cm zu lang für die alte
Kappelbrücke. Unter der neuen würde ich wohl durchkommen, aber jetzt
habe ich leider den ollen Kassen nicht mehr. In diesem Zusammenhang frage
ich jeden: Wo ist die gelbe Maiflower
mit Namen ZEUSS,
wer hat sie gesehen, wer hat sie gekauft?
Am Ende der auf der westlichen, (Angelner) Seite in die Ostsee
hinausragenden Mole (das ist da, wo der Leuchtturm wächst, gleich hinter
der Giftbude) und der an der gegenüber liegenden Schwansener Seite ebenso
hinausragenden Mole (das ist da, wo in der kleinen Bucht vorher der Kelp wächst)
wendete ich mein Schiff zum 51.Mal, um nun mit achterlichem Wind in
Richtung Wormshöfter Noor zurückzulaufen.
Weil ich meine Maiflower mal dort in Wormshöft bei Volker Hagemann
(leider Anno 2001 verstorben) gekauft hatte, wollte ich ihn mal besuchen,
um dort eventuell zu übernachten und ich wunderte mich deshalb auch
nicht, wie schnell mein Schiff von selbst seinen Weg fand, den kürzesten
Weg, neben dem Fahrwasser, da- wo das Wasser so schön hell aussieht.
Bei östlichen Winden wird ja von der Ostsee Wasser in die Schlei gedrückt,
die ja ansonsten keine Gezeiten, aber je nach Windrichtung
unterschiedliche Wasserstände aufweist. Da mir dieser Umstand bekannt
war, ließ ich der Maiflower ihren Willen in der Hoffnung, sie wisse
schon, was sie macht, denn sie käme ja schließlich von hier und würde
sich hier bestens auskennen.
Aber sie war lange Zeit nicht hier gewesen und wohl auch in etwas
Irritation geraten ob der vielen anderen großen Schiffe, die ihr hier im
"Gänsemarsch" auf Backbord begegneten und deren verachtende
Blicke (oder waren es doch bewundernde) sie mit ihrem Lateinerrigg und dem
großen " M " im Tuch auf sich zog. Jedenfalls wurde unsere
Fahrt plötzlich, unerwartet und apprupt gestoppt, so als ob uns jemand
festhält und so apprupt, daß ich meinen Blick erschrocken nach achtern
wendete, weil ich dachte: "ooh-ooh, beim Ablegen Boot nicht
losgebunden" mich aber gleich eines besseren besann: "nee, nee,
das kann ja nicht sein, von Arnis bis hier her, so lang ist die
Achterleine wirklich nicht".
Zu meinem unbeschreiblichen Glück fiel mir dann aber ein, nur eine
Kleinigkeit am Unterwasserschiff ändern zu müssen: Steckschwert ! Wir
waren im 50cm tiefen Nebenwasser auf halber Höhe zwischen Schleimünde
und Maasholm aufgelaufen,- 50m westlich des Fahrwassers, da, wo auch das
Hinderniss-Zeichen auf einem langen Pfahl aus dem Wasser ragt. Aber ebenso
hätten wir auf der gegenüber liegenden Seite (ich schreib´s hier noch
´mal: Schwansen) neben dem Fahrwasser auflaufen können, da ist es sogar
noch etwas untiefer und da steht wenigstens kein Schild, da liegen nur
Netze mit so kleinen schwarzen Fähnchen dran. Die Netze sieht man nicht,
nur die Fähnchen.
Nach Ausführung der äußerst umständlichen Einstell- und
Justierarbeiten am Unterwasserschiff (Steckschwert aufholen) kam dann bald
die Hafeneinfahrt von Maasholm auf unserer Steuerbordseite in Sicht und
lud meine Maiflower
und mich zu einer ausgedehnten Hafenrundfahrt ein, die uns in jede Gasse
bis an die letzte Box (Segelschule Hornich) führte und uns dann in
Anbetracht der Seekreuzer (der kleinste war 10m lang und 15m hoch), alle
fachmännisch festgebunden mit Stromkabel und Wasserleitung, einige
hatten- meine ich gesehen zu haben- Blumenkästen mit Geranien unter den
viereckigen Thermopane-Bullaugen- voller Ehrfurch wieder auf die Schlei
entließ.
Wir fuhren so von
uns hin, gleich hinter der Hafenmauer rechts um die Ecke, dann um den
Findling herum, an den denkmalgeschützten Netzhäfen (mir fällt die
richtige Bezeichnung nicht ein) und den beiden Hälften des auseinander
geschnittenen Fischerbootes, die jetzt als Ruhebänke dienen, vorbei und
im Slalom um die auf Reede liegenden Segler herum geradeaus, die Surfer
weit an Steuerbord liegen lassend, vorbei ebenso weit an Exhöft in
Richtung Wormshöfter Mühle.
Das ist Hein
seine Windmühle,
die ohne Flügel, die müllert jetzt Feriengäste, das bringt mehr ein.
Ansteuerungshinweis: Ab Höhe Bootswerft Maasholm ´geradeaus ´rüber
nach West auf die große, einzelne Buschgruppe zuhalten, 100m vor´m Ufer
Kurs neu stecken und auf die Mühle zuhalten. Wenn es rummst, sind Sie da,
allerdings nicht an der verfallenen Holzpier mit den vielen, langen
rostigen Nägeln (Anlegen sowieso verboten), sondern vorher auf Grund.
Wenn Sie sehr geschickt manöverieren können, wird es Ihnen bei niedrigem
Wasserstand gelingen, vor dem Regenwassereinlauf festzumachen. Sie müssen
dann allerdings die Böschung hochkrabbeln und sich durch die frisch
angepflanzten Brennesseln hindurchsensen oder "hindurchmacheten".
Ein Böschungsbrand könnte die dortige Situation entscheiden verbessern.
Ein "Klatschen" oder "Schwabbeln" oder
"Rubbeln" aus Richtung Unterwasserschiff sollte man ignorieren,
es handelt sich dabei lediglich um Quallenkolonien, deren Bewohner gerade
vom Ruderblatt zerschnitten werden.
Besser jedoch: Sie fahren nach den weiter oben in diesem Bericht
beschriebenen Justierungen am Unterwasserschiff 100m vor dem Wormshöfter
Ufer wieder in Richtung Nordost und gelangen ohne weiteren Kompass-
Seekarten- und GPS- Einsatz in die Sandbucht bei Maasholm-Bad. Dort
ankern, Hose hoch krempeln und Landgang machen. Wenn Sie den dort häufig
spielenden Kindern eine Freude machen wollen, setzen Sie einfach den Bug
Ihres Schiffes auf Land bzw. Sand, denn den Kleinen macht es ausgesprochen
viel Spaß, Steinchen (kleine Findlinge) drauf zu schmeißen und mit
"Hundestöckchen" ´drauf zu trommeln. Ich hab´mal einen
gesehen, der hat immer gegengetreten und zu seiner Mutti gerufen: "Du
böses Boot, BUMM, Du böses Boot, BUMM, Du böses Boot, BUMM" u.s.w...,
wobei ich damals den psychologischen Hintergrund seines Tun´s nicht ergründen
konnte, zwischenzeitlich bin ich mir aber sicher: Der spinnt!
Über den Rest dieses an aufregenden Ereignissen nicht besonders
schwangeren Tages ist schnell in einigen Stichworten erzählt: Zelten
hinter dem Schilf auf einer Wiese bei dem, von dem ich das Boot gekauft
hatte, 10 Mark dafür bezahlen (aber er hat mir auch mit bisschen
Holzkohle für meinen Brieftaschengrill ausgeholfen und eine Flasche Flens
spendiert), wobei ich dann als Gegenleistung allerdings eine Nahezuzerstörung
meines Zeltes durch seine Thölen zu erdulden hatte.
So ging es weiter
Der andere Morgen
begann auch diesmal wieder. Ich nutzte ihn für die Säuberung der Außenhaut
meines 1-Personen-Zeltes (Sonderangebot Horten, 69 DM), denn ich hatte in
der Nacht das Schnarchen vergessen. Diese Gelegenheit hatten so einige vom
Aussterben bedrohte Seevögel und anderes ökologisch wertvolles Flichzeug
genutzt, sich zu ihren Verdauungsschläfchen auf mein schönes, grünes
Zelt herabzulassen. Scheiss Vögel !
Nach dieser traurigen Pflicht segelte ich zum Hafen Maasholm, um in der
Ecke neben dem historischen Bootshaus für das Rettungsschiff auf dem
einzigsten Stückchen Sandufer anzulanden und nach Frühstück auszuspähen.
Gab es auch, Matrosenfrühstück (Mattjesbrötchen aus der
Fischereigenossenschaft) für 3 DM und die Inhaberin des zwischenzeitlich
nicht mehr vorhandenen Imbisses gleich vorn rechts auf dem breiten Steg füllte
mir meine Thermoskanne für 5 DM mit Kaffee. Einen weiteren Kaffee
(Plastikbecher 2,50 DM) aus dem anderen Imbisskontainer verzehrte ich an
Ort und Stelle auf einer der beiden "Sehnsuchtsbänke" für
Jollensegler" oberhalb des Hafenslips. Ich setze mich immer auf die
rechte, hinter das "Blumenschiff".
Und da sah ich sie wieder, die Scheissvögel. Einer von Ihnen brütete
sogar seine kleine weiße Möwe auf dem 1.Pfahl
des Slipsteges
aus, war wohl ein Schauspieler. Immer, wenn Leute kamen, machte er mehrere
Diener und schrie seinen Text heraus. Er wollte bestimmt Pommes dafür
haben, damit er Kraft davon bekommt und endlich "über Raum und
Zeit" nach Helgoland fliegen kann, denn er hat auch einige Male mein
Matrosenfrüstück angeschrien und dabei so komisch geguckt.
Zusatz zu diesem
Artikel , erstellt am 28.01.2002: Den am oberen Ende hohlen Pfahl des
Slip-Steges, da wo die Möwe gebrütet hat, gibt es nicht mehr. Dort wurde
eine neue Slipbahn und ein neuer Steg gebaut.
Weiterer Zusatz, erstellt am 6.08.2002: Die Benutzung des Slips rund um
die Uhr ist nicht mehr möglich, der Hafenmeister und der Campingwart sind
nicht immer da. Hilfsweise kann der Schlüssel vom Inhaber der
Kiosk-Gaststätte abgeholt werden. Die Zollstation - so wie bisher- ist
nicht mehr besetzt. Reguläre Slipzeit von 8 - 19 Uhr.
Doch lassen wir ihn, den Vogel, fahren wir weiter, bei Wind 1Bft,
jetzt aus Süd, nachlassend, einschlafend, Richtung Schleimünde,
teilweise Paddeleinsatz, um die Maiflower bei dem durch andere Schiffe
verursachten Wellenschlag auf Kurs zu halten, diesmal auf der Schwansener
Seite neben dem Fahrwassers.
Aber erst mal rüberkommen, durchkommen durch den Gänsemarsch im
Fahrwasser. Wer hat denn hier nun Vorfahrt: der größte, der schnellste,
der mit Segeln, der mit Segeln und schwarzem Kegel, der ohne Segel mit
schwarzem Kegel, der auslaufende, der einlaufende, der mit rundem Ball und
Kegel, der Fischkutter, der Rundfahrtdampfer, der Schnappsdampfer aus Dänemark,
die Motoryacht, das Paddelboot, der Surfer, der mit dem Blaulicht, die
Luftmatratze oder Ich ? Das wußte keiner so genau, denn die haben mir
alle so komische Zeichen gemacht und offensichtlich abgewartet, was ich
mache.
Und weil mein Segel nach Backbord hing und ich trotz
Muskelmaschinenantrieb auf der Bachbordseite einen Kegel nicht gesetzt
hatte, habe ich gedacht: Aha- die wollen dich vorbeilassen. Ich bin ja
schließlich nicht so blöde und setze mich auf die andere Seite, dann würde
ja das Segel bei keinem Wind auch dahin hängen und dann müsste ich ja
alle anderen vorlassen. Und da ich ein Segel hatte, war ich SEGLER mit
Wegerecht gegenüber anderen Kleinbooten und nicht ausweichpflichtiger
Paddler.
Aber so fuhren alle
um mich rum. Einer kam mit seinem Seekreuzer von achtern auf und wollte
sogar noch um mich rum fahren, als es überhaupt nicht mehr erforderlich
war, denn ich hatte schon das Flache erreicht, 10m neben dem Fahrwasser.
Eigentlich hat er es nur gut gemeint, als er noch 10m weiter östlich
neben mir (das ist da, wo die kleinen Fähnchen sind) an mir
vorbeirauschen wollte.
Ich hatte gerade wieder mal mein Unterwasserschiff justieren müssen und
dachte noch so vor mich hin, als ich bemerkte, daß er plötzlich überhaupt
nicht mehr näher kam, aber so ein komisches Geräusch machte. Das hörte
sich so an, als ob einige Male schnell hintereinander die Schiffsglocke
angeschlagen wird, dabei an Land Polterabend gefeiert wird und
gleichzeitig ein Kieslaster seine Ladung abkippt. Zwischendurch erklangen
noch einige Wortfetzen, die sich etwa so anhörten wie man das schreibt,
was die kleinen weißen Möwen aus Helgoland fallen lassen, begleitet von
schlagartiger Stille nach Verstummen des Motorengeräusches.
"Irgend´was stimmt da doch nicht" denke ich so, und paddele mit
einigen Schlägen so wie Olka mit seinem Kanu in die Richtung des
Geschehens, als ich auch schon einen an Deck hin- und herlaufenden Skipper
ausmache, der versucht, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite unter
sein Schiff sehen und sich dabei in die Wanten hängt. Da fällt es mir
wie Schuppen aus den Haaren: Aufgelaufen-, aber volle Lotte- mit Speed,
und nicht nur Aufgelaufen, sondern mit der Bombe am Ballastkiel tief
eingegraben.
Da er ja nun wegen meiner Anwesenheit in diese Predullje geraten war, ich
mich zwar schuldlos, aber doch beteiligt sah, eilte ich ihm mit weiteren
Paddelschlägen zur Hilfe. Ich hatte allen Ernstes vor, ihm Schlepphilfe
anzubieten, denn bis dato wußte ich nichts von seinem Unterwasserschiff
und es war auch plötzlich wieder Wind da und man könnte es ja zumindest
mal versuchen und eventuell hatte er ja auch ein kühles Bier an Bord.
Nach dem Mattjesbrötchen in Maasholm hätte das sicher ganz gut getan und
es hätte ja schließlich auch sein Schiff etwas geleichtert, sag´ich
mal.
Ich möchte nun wieder stichwortartig weiterberichten: Versuch, an
seinem Schiff zu schaukel- nix, Versuch, ihn am Topp ziehend auf die Seite
zu legen- nix (nur meine Maiflower habe ich dabei angehoben), Schiff wie
angewachsen! Versuch, von vorbeimotorenden Seglern freigeschleppen zu
lassen- mehrere Versuche nach vorn, seitlich und achtern- nix, Versuch,
ihn am Topp mit Motorschiff auf die Seite zu legen- es zog den Propeller
des Schleppenden aus dem Wasser- nix.
Erst mehrmaliges Schlepp-Schwojen um die eigene Achse löste die Bombe aus
dem Untergrund, ein zweiter Segler zog am Topp und legte ihn fast auf die
Seite und ein dritter zog ihn gleichzeitig in´s Fahrwasser zurück, wo er
sich in dem Gewusele der anderen Boote (die gesamten 40m Breite des
Fahrwassers waren ja während dieser Schleppversuche blockiert und es
hatten dort an die 50 Boote warten müssen- und das an einem
Sonntagvormittag gegen 12 Uhr) wieder aufrichtete.
Fluchen an Bord, Geschirr kaputt, wenn das meine Frau sieht, und meine
kleine Maiflower mittendrin. Wenn ich nicht wild winkend und Zeichen
gebend dort gestikuliert hätte, hätten sich mit an Sicherheit grenzender
Warscheinlichkeit noch einige eingegraben, weil diese natürlich nicht
warten und neben uns durch´s Flache ´durchwollten. Erst, als ich neben
dem Boot im knietiefen Wasser stand, haben die es gemerkt. Nachdem das
Fahrwasser wieder passierbar war, hat mich aber keiner mehr beachtet und
ich habe den Ort des Schreckens still und leise verlassen. Nach 10 Minuten
hat er mich überholt, Glück gehabt, Propeller heil geblieben, kein Gruß-
kein Wort. Harte Arbeit, karger Lohn.
Der Nachmittag
Der Wind war wieder
weg, ich dümpele noch geradeso dahin, plötzlich kurz vor gegenüber
1.Steg Schleimünde leises Motorengeräusch von achtern, langsam
aufkommend, Bugwellengeplätschere säuselt so verdächtig nahe hinter
mir.
Ich dreh mich um und sehe über mir in 2,50m Höhe einen Bugkorb und weiß
bis heute nicht, wieso ich aufgesprungen und daran gehechtet bin. Im
selben Moment wurde die Maiflower von einem Stoss erschüttert, machte
einen Satz vorraus, das Segel fing Wind und machte sich ohne mich davon,
denn ich hang ja am Bugkorb eines anderen, frei pendelnd, Füße über dem
Wasser- und im selben Moment sah ich in die weit aufgerissenen Augen eines
Menschen, der auf dem Vorschiff lag und den ich offensichtlich geweckt
hatte.
Nachdem ich ihn freundlich darum gebeten habe, seinen Käppt´n über
meine Anwesenheit zu informieren, sagte er noch reflexartig "Wo
kommen Sie denn plötzlich her", begriff dann aber die Situation,
sprang auf und rief "ääh..ääh..ahh...anhalten" und nahezu
gleichzeitig sprang im Steuerstand auch einer auf und rief "ääh...ääh...
Scheisse, was ist das denn, wo kommt der Penner denn her".
Glücklicherweise segelt meine Maiflower nicht gern allein ohne mich und
kommt immer wieder zu mir zurück, diesmal brauchte ich sie nicht einmal
rufen, ich weiß nicht wieso und warum, plötzlich war sie wieder da, mit
der Plicht unter mir, der Baum war zur anderen Seite und der Bug auch, ich
glaube, die hat in der Zwischenzeit ganz allein ´ne Wende gemacht. Ich ´rein
in´s Boot, da kriege ich von achtern noch einen verpasst, aber komme
dadurch frei.
Im selben Moment stoppt die Motoryacht die Maschine, geht vorn in´s
Wasser, erzeugt daurch einen Schwall, der mich weiter freimacht. Ich an
die Schot, anziehen, Pinne rum....und Luftholen, ruhig ausatmen, nicht
aufregen ! Ein Blick über Boot und Ausrüstung- ja, alles da, alles klar,
nichts passiert und jetzt habe ich ehrlich gedacht: "Der hält jetzt
bestimmt an und gibt dir eine kühles Bier".
Aber Nix mit lustig, kein Wort gewechselt, die wüstesten Beschimpfungen
mußte ich mir anhören, 8 Leute an Bord schrien auf mich ein:
Penner, Idiot, was fährst Du überhaupt hier rum und ich wollte noch
sagen: "Sie Idiot bitte, so viel Zeit muß sein", aber der Kahn
rieß den Hahn auf und schrotete los, raus auf die Ostsee, seine
Propellerwellen hätten mich fast noch zum Kentern gebracht. Genau gegenüber
der Giftbude, keiner hätte was gemerkt. Die Besatzung an Bord über und
über tätowiert, Aufschrift am Kahn: "Hamburger Motoryachtverband-
Yachtclub Sankt Pauli" oder so ähnlich, mit Nummer, die habe ich
allerdings vergessen. Glauben Sie mir, das ich wütend war ?
Erst später habe ich dann eine kleine Macke in ABS und Styropor bemerkt.
Jetzt weiß ich aber, wer auf dem Wasser Vorfahrt hat: Hamburger
Motoryachten, den alle anderen sind Penner. Übrigens: die Welt ist so
klein, das glaubt man garnicht: selbige Motoryacht habe ich an anderer
Stelle bereits gesehen. Ich berichte darüber in..... mit der Jolle durch
Dunkeldeutschland...
Der Abend-die Nacht
Was soll´s, ich lass´
mir doch nicht den Tag vermiesen, es war ja so schön, 28 Grad und
Badewetter und so beschloss ich, gleich außerhalb von Schleimünde rechts
abzubiegen und am Strand hinter der Mole anzulanden. Ein kleiner
Badeaufenthalt war fällig und ein Stückchen Mettwurst und endlich ein
Bier und ein Landgang nach dem Bier. Schönes Stückchen Strand, zu Fuss
nur von Olpenitz und schwer zu erreichen, nur Boote hier mit Anglern und
Badenden.
In der Zwischenzeit war kaum noch Wind und ich zog es vor, mit dem letzten
Hauch noch 1000m vor der Küste am Marinehafen Olpenitz vorbei zum Weißenfelder
Strand, möglichst bis Schönhagen, zu fahren und eierte so pö-a-pöh,
manchmal das Paddel zur Hand nehmen, in die Richtung. Ich habe mir
vorgestellt, so schräg beginnend hinter der Olpenitz-Mole direkt Kurs auf
das Ende des durch Bojen gekennzeichneten Badeabschnittes zu nehmen, um so
Paddelkraft zu sparen, denn es machte schon etwas Mühe, in der Dünung
ohne Wind zu dümpeln. Mein Vorhaben wurde aber sofort von den mit
Argusaugen dort wachenden DLRG- Rettern bemerkt und es brauste ein
Schlauchboot heran. Auch so eins mit Motor und es sprach zu mir: "Sie
dürfen hier nicht Boot fahren wegen der Badenden", und als ich mich
umsah und sagte " wieso, baden hier Taucher, ich sehe weit und breit
keinen baden und außerdem hab ich keinen Motor und außerdem Paddele ich
fast nur noch, weil sowieso kein Wind nicht ist und ich will ja auch nur
an den Strand, weil ich außerdem hier bleiben will- natürlich zum
Baden" gab es einen kleinen Disput über die Gefärlichkeit meines
Tun´s und speziell über eine Art Bananenboot, das dort rumkurvte und ich
bat das Gummiboot, mich doch sicher durch die nicht vorhandenen Badenden
zum Strand zu geleiten.
Aber dieses Ansinnen wurde vom männlichen Teil der Zweipersonen-
Besatzung sofort abgeschmettert. Ich hätte sofort den 200m- Bereich zu
verlassen und außerhalb der Betonnung könne ich dann weiterfahren. Auf
meine Frage "und wie komme ich an Land ?" erhielt ich die
Antwort "hier überhaupt nicht und wenn Sie nicht verschwinden, rufen
wir die Polizei".
Also paddelte ich als treuer deutscher Trottel mit geknicktem Haupt
wieder ´raus auf die unendliche See und die Bordfrau einer in
unmittelbarer Nähe ankernden Segelyacht schüttelte mit dem Kopf und
zuckte mit den Achseln.
Aber die Rettung war in Sicht: in 1000m Entfernung sah ich eine Lücke in
der Badezone zwischen Strandabschnitt 1 und 2. Als ich darauf zufuhr
(immer argwöhnisch begleitet und beäugt vom seine Kreise ziehenden
Gummiboot) sah ich die Badenden: Genau in dieser Lücke.
Das sind die, die sich nicht entscheiden können zwischen FKK und Textil,
die stehen mit Textil im Wasser, tun so, als ob sie baden und und spähen
nach FKK. Ich habe mich dann so durch diese Lücke gemogelt, die Maiflower
aus dem Wasser auf den Strand gezogen und spät am Abend, als der Strand
leer war, das Zelt aufgebaut und alles für die Nacht hergerichtet. Fast
Windstill, etwas kam noch über den Deich aus SSW.
Als ich meine Ferienwohnung (Zelt) beziehen wollte, sah ich einen anderen
Jollensegler durch die inzwischen verlassene Badezohne kommen, der so
etwas Ähnliches tat wie ich und ich dachte schon: naja- da können wir
uns ja ein bisschen was erzählen- aber er fuhr noch 500m weiter, zog dort
seine (vermutlich) Conger auf Land. Da der Abend um 21 Uhr noch jung war,
beschloss ich, trotz nahezu Windstille noch mal schnell nach Schönhagen
zu Paddel-segeln, um dort endlich ein kühles Bier zu trinken.
Ich hätte ja auch zu Fuß am Strad lang gehen können, aber das ist ja
unsportlich. Der Bademeister von Schönhagen hatte kein Boot, der ließ
mich bereitwillig passieren, aber nur das Einemal und nie wieder, um die
Ecke wäre ja eine Anlegestelle, gleich 500m weiter, hinter den Felsen,
dieses Mal dürfe ich aber, er würde dem einzigen Badegast Bescheid sagen
und aufpassen, daß nichts passiert. Ich bin dann auch weisungsgemäß
ganz vorsichtig durch den einen Badenden durchgefahren und es ist auch
nichts an ihm passiert. Also ein Bier und schnell noch eins (hmmm, aber
teuer) und wieder zurück, denn ich habe kein Licht an Bord, so daß ich
beim Dunkelwerden wieder am Zelt war.
Schon gleich nach dem
losschippern bei Schönhagen merkte ich, daß wieder Wind da war, sehr
leicht, und von Nordost, und es war auch überhaupt nicht mehr so warm.
Mit dieser Briese war ich schnell zurück am Zelt, der mit der Vermutlich-
Conger lag unter seinem halb umgekippten Boot unter dem Segel und schlief,
also gabs nichts zu labern. Also Boot wieder an Land, ab ins Zelt,
schlafen bis 4 Uhr früh, plötzlich Raddau, Rabbatz und Krach da draußen.
Zelt auf und nachsehen: heiliger Bimbamm, Starkwind, auflandig, Brandung
donnert mit weit über einem Meter an den Strand. Und nimmt immer mehr zu.
Der andere mit der Jolle hat´s richtig gemacht, das war ein Spezi, der
ist um halb sechs noch durch die Brandung geritten. Die erste Welle hat er
mit 45 Grad Schräglage (in Längsrichtung) genommen, die zweite und
alle anderen auch. So, als ob nichts wäre, zog er bei Wind mit 5 Bft.
außerhalb der Brandungszone vor der Sandbank in Richtung Damp davon. Ich
sah keine Chance, mit der kleinen Maiflower wegen fehlender Lenzventile
durch die Brandung zu kommen und wartete den ganzen Tag zwischen den Badegästen
auf ein Abflauen. Tat es aber nicht, es frischte noch auf bis 6 Bft.
Gammeln am Strand war angesagt, Mettwurst und warmes Bier.
Ich überlegte nun, wie es weitergehen soll, denn am anderen Tag war
wieder Arbeiten angesagt und ich wollte auf keinen Fall noch eine Nacht am
Strand bleiben. Einige eingehende Ermittlungen anhand meiner Karte
brachten mich zu der Überlegung, einfach die 12 Kilometer zu Fuß nach
Arnis zu gehen, dort das Auto und den Bootskarren zu holen, um anschließend
die Maiflower über Strand, Deich und Uferweg zu ziehen und auf dem
Parkplatz beim Weißenhäuser Strand aufzuladen.
Aber 12 km, zu Fuß, mit Sandalen ? naja, das wäre jedenfalls eine Möglichkeit
und Geld für die Fähre hätte ich auch nicht gebraucht, denn mein Auto
stand ja auf dieser, der Schwansener Seite und ich brauchte nicht ´rüber
nach Angeln. Aber es kam anders, denn ich wurde am Strand von einem
Ehepaar angesprochen, die am Vortag auch schon dort waren. Die wunderten
sich darüber, daß ich immer noch hier bin und fragten mich nach dem
Grund. Als ich dann erklärte, ich hätte kaum Chance, durch die Brandung
zu kommen und mein Auto stünde in Arnis u.s.w. erklärten sich beide
bereit, mich gegen Abend dorthin mitzunehmen, denn das läge sowieso auf
ihrem Wege und selbstverständlich.
Und so endete
meine Fahrt per
"Anhalter". Mein freundlicher Kutscher erzählte mir dann
unterwegs von einem aufregenden Abenteuer, daß ihm und seiner Frau zwei
Tage vorher wiederfahren sei: Sie standen auf einer Brücke über die Füsinger
Au, einem kleinen Fluß, der bei Schleswig in die Schlei mündet und hätten
dort einen Seehund gesehen und das wäre für die beiden etwas besonderes
gewesen. Ich kommentierte: ja-ja, endlich mal was passiert auf der Schlei
!
Als ich dann Boot mit Auto und Seilwinde durch Sand, Feld, Wald und Flur
gezerrt und zusammengerödelt hatte, überlegte ich auf der nächtlichen
Heimfahrt, wie denn der Seehund in die Füsinger Au kommt ?
Text und Bilder von
Volker Hoffmann
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